Inzwischen sind aber schon 557 MigrantInnen zwischen dem 7. und dem 10. Mai nach Libyen geschafft worden. Nach der ersten Zurückweisung von 227 Personnen am 7. Mai wurden weitere 77 von einem Schlepper einer Ölplattform der italienischen Firma ENI am 8. Mai nach Tripolis gebracht, weitere 213 wurden am Sonntag, den 10. Mai zurückgebracht. Die meisten von ihnen kommen aus Mali, der Elfenbeinküste, Ghana, Bangladesh, Marokko und Tunesien. Darunter sind 89 Frauen, drei von ihnen schwanger, und 2 Kinder. Mindestens 20 sind politische Flüchtlinge aus Eritrea und Somalia.
Die Frauen wurden ins Frauenlager nach Zawiyah, im Osten von Tripolis, gebracht, gemeinsam mit ihren Ehemännern, so wie es die IOM von den libyschen Behörden gefordert hat. Eine Frau wurde in Tripolis ins Krankenhaus gebracht. Die Männer hingegen wurden zum Teil nach El Qwaa und zum Teil nach Tuaisha südlich von Tripolis gebracht. Guido Ruotolo, Korrespondent der Zeitung "La Stampa" durfte das Lager Tuaisha besuchen, das sich noch im Bau befindet. Es soll das alte und berüchtigte Gefängnis Fellah ersetzen, das abgerissen wurde, um Tripolis einen neuen architektonischen Style zu geben. Die Forografien (siehe www.fortresseurope.blogspot.com
Aber nicht nur der Putz in Tuaisha scheint neu. Das Innere des Lagers entwickelt sich ebenso. Libyen hat italienische und europäische Mittel für die neuen Lager und für die Abschiebungsflüge akzeptiert. Und nicht nur das. Zum ersten Mal haben es libysche Behörden. Zugelassen, dass die Vertreter von IOM und UNHCR, die seit einigen Jahren in Libyen arbeiten, und des Italienischen Flüchtlingsrats CIR bei Ankunft auf der Mole zugegen waren. Der CIR wird Ende Mai mit einem Rechercheprojekt in Libyen beginnen. Dazu könnte sich bald noch der Libysche rote Halbmond (wie Rotes Kreuz) gesellen, um eine gesundheitliche Versorgung an der Mole zu garantieren. Die Auslagerung der Grenzkontrollen ist längst Realität. Und der nächste Schritt wird die Auslagerung des Asylrechts sein.
Der libysche Botschafter in Italien, Hafed Gaddur, hat es klar geagt: Libyen überlegt, ob es die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet, das wäre der erste Schritt. Vor einigen Tagen hat der UNCHR Italien angefragt, zurückgewiesene Flüchtlinge aus Libyen aufzunehmen. Der Vorsitzende der Kammer Gianfranco Fini schlug daraufhin vor, die Identifizierung doch in libyschen Lagern vorzunehmen. Die Idee scheint auch Innenminister Maroni nicht zu missfallen, der das Ganze jedoch auf europäischen Niveau hebt: "Ich möchte die Mechanismen genau festlegen, nicht dass man in Libyen das Asyl anerkennt und ganz Europa muss sich dann darum kümmern." Oder die ganze Europäische Union nimmt an einem Resettlement-Programm teil, also der Aufnahme von in Libyen anerkannten Flüchtlingen, wie schon einmal in 2008 mit Flüchtlingen aus Misratha praktiziert. Darüber wird man am 14. Mai in Rom mit der UNCHR-Vertreterin in Italien, Laurence Jolles, diskutieren. Ein wichtiges, aber nicht ausreichendes Ergebnis. Ein gefährliches.
Einerseits öffnet es einen humanitären Weg für die Flüchtlinge, die bis heute gezwungen sind, ihr Leben auf dem Meer zu riskieren, um in Europa Asyl zu beantragen. Andererseits ist es nicht zu akzeptieren, dass die Wartezeit bis zur Anerkennung Jahre dauern könnte und man diese in Haftzentren unter unwürdigen Bedingungen verbringt. Und sicher mit einem niedrigeren Schutzstandard als in Europa.
Aus Misratha erreicht uns aber eine wirklich wichtige Neuigkeit: Im März 2009 wurden ca. 200 der 700 dort inhaftierten EritreerInnen freigelassen, nachdem sie vom UNCHR Tripolis als Flüchtlinge anerkannt wurden. Das ist ein wichtiges Zeichen! Aber auch ein nicht ausreichendes, denn jedeR von ihnen riskiert nun erneut, bei einer Razzia in Tripolis oder vielleicht auf See verhaftet zu werden. Der Hohe Flüchtlingskommissa Guterres hat klar gesagt: Das Asylrecht gilt auch in iternationalen Gewässern. Die Vereinigung der juristischen Studien zur Immigration ASGI meint dazu, dass die Kommandanten der patrouillenboote also nun gewzungen sein müssten, Asylanträge auf See entgegen zu nehmen und die Flüchtlinge nach Italien zu bringen.
Dass die Frage der Auslagerung des Flüchtlingsschutzes keine Marginalfrage ist belegen die Zahlen: 75% von den 36.952 in 2008 über See Angelandeten haben einen Asylantrag gestellt. 50% haben einen Schutz erhalten.
Januar 2009
Guantanamo Libyen. Der neue Gendarm der italienischen Grenzen. Das Eisentor ist doppelt verriegelt. Aus der kleinen Luke blicken die Gesichter zweier junger afrikanischer Männer und eines Ägypters. Der herbe Geruch, der aus der Zelle schlägt, brennt in meinen Nasenhöhlen. Ich bitte die drei, zur Seite zu gehen. Der Blick öffnet sich auf zwei Räume von drei mal vier Metern. Ich begegne den Blicken von etwa dreißig Personen. Übereinander gepfercht
Dezember 2008
"Unter uns war ein vier Jahre altes Kind mit seiner Mutter. Die ganze Fahrt über habe ich mich gefragt: Wie kann man eine Mutter mit einem vierjährigen Kind mit anderen hundert Personen in einem Lastwagen". Menghistu ist nicht der Einzige, der in einen Container gesperrt und deportiert wurde. In Libyen ist das die übliche Vorgehensweise. Die Container dienen dazu, die Migranten, die auf dem Weg nach Lampedusa festgenommen wurden, den verschiedenen Haftlagern zuzuteilen
November 2008
Nachts, wenn die Stimmen der Häftlinge und das Geschrei der Polizei verstummen, hört man vom Hof des Gefängnisses das Meer. Die Wellen des Mittelmeers branden auf den Strand, etwa hundert Meter von der Mauer des Häftlingslagers entfernt. Wir sind in Misratah, 210 km östlich von Tripolis, in Libyen. Und die Häftlinge sind alle politische Asylbewerber aus Eritrea, die im Meer vor Lampedusa oder in den Wohnvierteln der Einwanderer in Tripolis verhaftet wurden