22 April 2009

Cap Anamur: Staatsanwaltschaft fordert 4 Jahre Haft


AGRIGENTO, 22/04/09 - In ihrem Plädoyer am 22.4.2009 hat die Staatsanwaltschaft in Agrigento in einem dreistündigen Plädoyer 4 Jahre Haft und eine Strafe von jeweils 400.000 Euro für die Angeklagten Bierdel und Schmidt gefordert. Auch das Schiff, inzwischen mit 2 Millionen US-$ auslgelöst, soll konfisiziert werden. Elias Bierdel war der Leiter des Komitees Cap Anamur und damit Verantwortlicher für die Aktionen des Schiffes, Stefan Schmidt war seinerzeit Kapitän der Cap Anamur. Der Erste Offizier des Schiffes, der ebenfalls der Beihilfe zur illegalen Einreise angeklagt wurde, soll laut Staatsanwaltschaft nicht schuldig sein, da er „mit dem Fall nicht als Verantwortlicher zu tun habe.“

Auffällig ist, dass sich die Staatsanwaltschaft überhaupt nicht auf den eigentlichen Anklagepunkt „Beihilfe zur illegalen Einreise im besonders schweren Fall“ ausgelassen hat, sondern Bierdel und Schmidt nur vorwirft, sie haben die Flüchtlinge zu eigenen Werbezwecken des Komitees Cap Anamur so lange an Bord gelassen. Der Staatsanwalt spricht von „paternalistischer Form der Hilfe“. Eingangs lobte er über alle Maßen die Rettung und den humanitären Ansatz der Cap Anamur, leider habe man aber nach der nötigen Rettung große Fehler begangen und nicht sofort die Behörden informiert, das habe der Werbung des eigenen Vereins gedient. Im Detail geht es letztendlich um die 10 Tage zwischen der Rettung am 20.Juni 2004 und der Mitteilung an die italienischen Behörden am 30. Juni 2004. Bierdel und Schmidt haben in dieser Zeit versucht, einen sicheren Hafen für die Flüchtlinge zu finden, da Malta – der nächst gelegene Hafen – kein sicherer Hafen für Flüchtlinge sei. Diese Aussage, die durch den Jesuitenflüchtlingsdienst und auch durch das Europäische Parlament bestätigt wurden, will der Staatsanwalt jedoch nicht gelten lassen. Das Schiff hätte doch sonst wo hinfahren können, auch nach Spanien z.B. Diese Argumentation ist nicht haltbar, da erstens die DUBLIN II Verordnung gilt (der erste Staat in Europa, in dem die Flüchtlinge anlanden, ist zuständig für die Asylanträge, also in diesem Falle Deutschland (da ein deutsches Schiff) oder Italien, da der nächste sichere Hafen ein italienischer war; zweitens hätte kein anderes Land die Cap Anamur einreisen lassen und eine weitere Odyssee hätte begonnen.

Da der Staatsanwaltschaft die Beweismittel zu „Beilhilfe zur illegalen Einreise“ fehlen muss nun der Vorwurf „mediale Wirksamkeit und Profit“ herhalten. Doch auch dieser ist nicht haltbar, wie die Verteidigung in ihrem Plädoyer am 20. Mai 2009 darlegen wird.

Ein ausführlicher Prozessbericht im Rahmen der Prozessbeobachtung für PRO ASYL folgt und ist dann abrufbar auf www.fluechtlingsrat-brandenburg.de